… aber erst ab Kilometer 50.
Das war mein Ziel für den diesjährigen Wings for Life World Run in München. Als Neuling in der Ultraszene wollte ich diesen Charity-Lauf nutzen, um an meine Grenzen zu gehen – einfach nur wieseln soweit wie ich kann.
Wie es lief, erfahrt ihr in den nächsten Zeilen…
The day before
Wie ihr wisst, startet das Wettkampfwochenende schon am Samstag. Mit der ganzen Familie im Gepäck ging es am Nachmittag zur Startunterlagenabholung in den Olympiapark. Es war verdammt heiß und es gab keine einzige Wolke am Himmel. Und: das Wetter sollte sich auch in den nächsten Stunden nicht ändern. Somit war allen klar, dass am Sonntag die Sonne brutal ballern wird. Das war mir zu diesem Zeitpunkt aber egal. Lieber zu warm als zu kalt. Denn wer mich kennt der weiß, dass ich der absolute Schönwetter-Läufer bin.
Natürlich haben wir nicht nur unsere Unterlagen abgeholt sondern haben uns auch mit den anderen Laufverrückten zum gemeinsamen Carbo-Loading auf der Pasta Party getroffen. Wir trafen bekannte sowie neue Gesichter und wir haben viel gequatscht, gelacht und noch mehr gegessen – bis die Sonne im Hintergrund langsam unterging. Als kleines Highlight am Abend feierte der Kurzfilm von Flow Neuschwander Premiere (den kannst du dir unter redbull.tv ansehen). Spätestens mit diesen bewegten Bildern von der Trainingsvorbereitung des “Großmeisters des Ballerns”, kribellte es bei mir in den Füßen. Die Nervosität stieg und es wurde Zeit heim zu fahren, um sich bestmöglich auf den Wettkampftag vorzubereiten.
Runday
Es war soweit: die 50km sollten fallen!
Im Klartext heißt das, eine Pace von 04:17min/km über etwas mehr als 3 Stunden und 40 Minuten zu halten. Anders als bei “normalen” Rennen konnte ich in Ruhe ausschlafen, denn der Wettkampf ging erst um 13:00 Uhr los. Naja, bei der hohen Nervosität und Anspannung konnte man es nicht wirklich “ausschlafen” nennen. Ich hatte also genügend Zeit um mit Flocki rauszugehen, paar Semmeln zu holen und in Ruhe zu frühstücken. Wie immer stand auch heute selfmade Müsli auf dem Speiseplan.
Beim Outfit tat ich mich diesmal schwer. Alles bis auf das Shirt stand fest. Nehme ich ein Tank Top oder ein
T-Shirt? Welche Farbe? Blau? Grün?
Letztendlich wurde es dann die Farbkombi aus dem neongelben Asics T-Shirt, der schwarzen Asics Shorts, den hellblauen Kompressionsstrümpfen von Bauerfeind und dazu die bunten Asics Gel-Noosa Tri 11, die ich bereits in Hamburg anhatte.
Ich war bereit für den Start
Angekommen im Startblock A, stand ich soweit vorne wie noch nie. Gleich in der zweiten Reihe hinter Flo, den Hahnertwins und Mocki. Ich war selten so aufgeregt, denn ich wusste nicht genau was mich erwartet. Zuvor bin ich niemals länger als 3 Stunden und nie länger als die Marathon-Distanz gelaufen und heute sollten es dann 8 Kilometer mehr und 40 Minuten länger werden.
Oh je. Was habe ich mir da vorgenommen?! Egal, Augen zu und durch. Mit dem Glockenschlag von Samuel Koch liefen die 8.000 Starter in München und 130.000 Läufer weltweit, los. Ich wollte das Rennen mit einer Pace von 04:05 min/km angehen und zum Ende hin immer langsamer werden. Doch das Anlaufen ging etwas flotter und ich pendelte mich die ersten Kilometer bei einem Tempo von ca. 03:50 min/km ein. Ich fühlte mich gut und wer mich kennt der weiß, dass ich nicht mit angezogener Handbremse laufen kann. Also wieselte ich so wie ich Bock hatte und reihte micht direkt hinter der Führungsspitze um Flow ein. Im Olympiapark hatte ich noch einen Laufbuddy der mein Tempo mitgehen konnte und wollte, aber als es dann aus der Stadt hinausging, war er mir doch zu flott und ich war auf mich allein gestellt.
Mit einem Ultras Power Marschmallow von der lieben Isa in den Backen, entschloss ich mich bei Kilometer 15, die ca. 20 Sekunden Rückstand auf die Führung aufzuholen. Mit Hamsterbacken und voller Energie wie ein Duracell-Wiesel lief ich den Rückstand auf. Dabei pushte mich natürlich auch mein Freund Jan auf dem Rad, der die offizielle Radbegleitung des Wettkampfes war.
Und da war ich plötzlich: Seite an Seite mit Flow. Geil! Die Stimmung war gut und es machte einfach nur Spaß ein paar Kilometer mit meinem Vorbild zu laufen.
Mit der Zeit nahm aber auch der Anspruch der Strecke zu. Es ging immer wieder Hügel hoch, Hügel runter. Der Wind kam mal von links, mal von rechts, von vorne und mal von hinten und die Sonne schien einfach nur brutal. Meine Füße brannten! Jede Wasserstation habe ich mich mit Wasser übergossen.
Das Tempo konnte ich irgendwann nicht mehr mithalten und ich lies Flow davonziehen. Nun war ich allein unterwegs. Nur ich, die Sonne und mein Ziel – ich hatte noch mindestens 15 Kilometer vor mir! Was ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste, war , dass die nächste Wasserstation erst in 8 bis 9 Kilometern auf mich wartete. Die Sonne ballerte und so langsam aber sicher trocknete ich aus. Ich wieslete weiter und setzte mir persönliche Etappen.
Der nächste Meilenstein war die Marathonmarke.
Dort stand ein nettes Mädel im Drindloutfit mit einer Kuhglocke in der Hand (du erinnerst dich sicher an die Knutschszene mit Flo?!). „Kling“ und die 42.2 Kilometer waren schon mal geschafft. Jeden Schritt den ich jetzt lief war ein neuer persönlicher Rekord für mich. Anfangs konnte mich damit noch motivieren, aber die Kraft nahm ab und das Verlangen nach Wasser nahm zu. Zum Glück erkannte das Polizeimotorrad an meiner Seite meine Situation und der Polizist bot mir sein Red Bull aus dem „Kofferraum“ an. Hauptsache was zu Trinken! Er war auf jeden Fall mein Held auf der Strecke. Zu diesem Zeitpunkt und bis Kilometer 45 befand ich mich auf dem zweiten Platz, aber mir war auch klar, dass ich dies nicht halten konnte. Und so war es schließlich auch.
Die 45 Kilometer-Marke konnte ich noch als Zweiplatzierter überqueren, aber kurz darauf hatten mich Karin Freitag und der Däne gepackt.
Ich war total im Eimer. Es ging fast nichts mehr. Meine Pace wurde deutlich langsamer und ich musste jeden Anstieg gehen. Auch mich selbst zu motivieren funktionierte nicht mehr. In diesem Augenblick rückte mein Ziel in weite Ferne. Doch was ist eigentlich das Tolle am Wettkampf? Die Zuschauer am Streckenrand – die Leute in den Dörfern pushten uns Läufer und waren das beste Doping für uns.
Hammer! Überragend! Geil!
Außer der Anfeuerung gab es zusätzlich noch Wasserflaschen und eine Regendusche aus dem Gartenschlauch. Ich versuchte mich langsam wieder in die Spur zu bringen und dem Catcher Car davon zu laufen. Und da sah ich es, das Schild mit der dicken, fetten 50 drauf! Ich blickte noch einmal zurück und es war noch immer kein Auto in Sicht. Jetzt wusste ich es – ich packe das!
51,21 Kilometer!
Noch drei Schritte, zwei Schritte und der letzte Schritt. YES! Geschafft! Die 50 ist im Kasten!
Ich konnte es kaum glauben und hörte sofort auf zu Laufen – von nun an ging ich die restlichen Meter. Ich glaube das war der schönste Spaziergang den ich je hatte.
Bevor ich dann endlich vom Catcher Car gefangen wurde, joggte ich die letzten Meter aus und am Ende wurden es schließlich 51,21km. Platz 6 in der Gesamtwertung (Platz 4 bei den Männern) und Platz 1 in meiner Altersklasse. Weltweit landete ich auf Platz 139.
Vor Freude wollte ich weinen aber es ging einfach nicht. Ich war völlig dehydriert.
Nun ging es mit den Shuttlebus zurück ins Olympiastadion wo schon meine Freunde auf mich warteten. Angekommen war die Freude gigantisch. Sofort nahm mich Susi in den Arm und wir schauten uns alle gemeinsam die letzten Meter des Siegers aus Italien an.
Auch die Siegerehrung und ein Selfie mit Flo habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Glücklich und erschöpft ging es am frühen Abend nach Hause. Daheim wurde dann noch fein gegrillt und das ein oder andere alkoholfreie Weizen getrunken. Kurz vorm Schlafen gehen habe ich mich natürlich schon für den Wings for Life World Run 2017 angemeldet und dann soll die die 55 Kilometer-Marke fallen!
Ich hoffe ihr seid dann auch mit dabei!
Kommentare (5)
Dennis saustark geschrieben und ich freue mich auf den Lauf 2017!
WoW! Saustarke Leistung und ein toller Bericht. Da kommt man richtig ins mitfiebern und ich will nächstes Jahr dabei sein 🙂
Wir zählen auf dich! Aber erstmal sehen wir uns am Wochenende. Wir freuen uns 🙂
Dennis, grandiose Leistung, die du am Sonntag abgeliefert hast. Dass du mit der Hitze so gut umgehen kannst, ist natürlich ein großer Vorteil im Sommer. Uns hat es völlig zerlegt bei den Temperaturen. 50k hätte ich auch gerne gemacht. Super gerockt, Gratulation nach München!!!
Hey Marek, wir haben das schon ein wenig bei euch mitverfolgt. Ihr wolltet doch Bianca (die zweite der Damen) pacen, oder?
Ist auf jeden Fall auch für mich nicht einfach gewesen, so bei der prallen Sonne und ohne Wasser 8 Kilometer lang…
Hoffen wir auf etwas mildere Temperaturen nächstes Jahr! Beste Grüße zurück und vielen Dank nochmal für die Glückwünsche !