Schmerzen im Schienbein beim Laufen, Laufverletzungen

Laufverletzung Schienbeinkantensyndrom: Das musst du zu Schmerzen im Schienbein wissen

Wenn ich etwas ganz sicher weiß, dann, dass ich während der Marathonvorbereitung Probleme mit meinem Schienbein bekomme. Dann leide ich wie viele andere Läufer unter den sogenannten shin splints, besser bekannt als Schienbeinkantensyndrom. Eine wirklich üble Sache, dir mir damals beinahe den Start beim Köln Marathon versaut hätte. Am Anfang hat mir diese typische Läuferverletzung ziemlich zugesetzt, denn ich kannte weder die Ursache für die Schienbeinschmerzen, noch wusste ich, wie lange ich dadurch außer Gefecht gesetzt werde. Eine ziemlich verzwickte Situation, die du wahrscheinlich nur all zu gut kennst, sonst würdest du jetzt nicht diesen Beitrag hier lesen.

In den folgenden Zeilen möchte ich ein wenig über das Schienbeinkantensyndrom aufklären: Was sind diese ominösen shin splints, wo kommt diese Laufverletzung her, wie kann man diese vorbeugen und was kann man tun, wenn man bereits Schienbeinschmerzen hat. Ich habe mittlerweile gelernt damit umzugehen und werde dir einige hilfreiche Tipps geben können, wie du einen kühlen Kopf bewahrst, wenn’s mal wieder zwickt und sticht.

 

Das Schienbein – was versteht man darunter?

Das Schienbein dient als Verbindungselement zwischen Knie und Fuß und bildet einen Teilbereich des menschlichen Unterschenkels. Auf Grund seiner Lage im vorderen Unterschenkelbereich kommt dem Schienbein eine besondere Aufgabe zu, was die Stabilisierung der Körperhaltung betrifft. Durch das Schienbein (lat. Tibia) sind wir überhaupt in der Lage aufrecht zu gehen. Es hat zusammen mit dem rückwärtigen Wadenbein (lat. Fibula) das gesamte Körpergewicht zu tragen, wobei jedoch der weitaus größere Gewichtsanteil dem Schienbein zukommt.

Dann gibt es da noch den Schienbeinkopf, welcher kleinere Einschnitte aufweist, in welche sich die Gelenkelemente der Oberschenkelknochen befinden. Taste doch mal dein Schienbein unterhalb deines Kniegelenkes ab – dort wirst du eine Knochenerhöhung (lat. Tuberositas tibiae) spüren, welche der Kniescheibensehne den notwendigen Halt verleiht.

Das Schienbein hat eine dreikantige Gestalt und mündet im unteren Bereich in das Sprunggelenk des Fußes. Das Sprunggelenk hat mitunter eine überaus hohe dynamische Belastung auszuhalten, und um diese gleichmäßiger aufzufangen, ist die Gelenkfläche vergrößert.

Du siehst also, welch “tragende” Rolle das Schienbein in unserer Anatomie spielt.

 

Anatomie Unterschenkel und Schienbein

 

 

Das Schienbeinkantensyndrom oder auch Shin Splints

Das Schienbeinkantensyndrom ist im Fachjargon auch unter dem Begriff shin splints bekannt. Das zwangsläufig damit verbundene Beschwerdebild hat in Fachkreisen den Namen “Medial Tibial Stress Syndrome” (MTSS). Vom Phänomen des Schienbeinkantensyndroms sind außer den Läufern auch bestimmte Berufsgruppen, wie Aerobic-Trainer und Tänzer betroffen. All diese genannten Personengruppen haben eins gemeinsam: es kommt bei ihnen zu einer besonderen Belastung der Bein- und Wadenmuskulatur, sowie des Sprunggelenks.

Beim Schienbeinkantensyndrom kommt es zu einer Muskelentzündung im Schienbeinbereich, die man umgehend vom Arzt behandeln lassen sollte. Wenn man diese Behandlung versäumt oder zu lange hinausschiebt, riskiert man, dass sich die Knochenhaut im Schienbeinbereich ebenfalls entzündet. Die negativen Folgen sind dann eine deutliche Verstärkung der Schmerzen im Schienbein, verbunden mit einer notwendigen längeren Erholungsphase.

 

Symptome eines Schienbeinkantensyndroms

Schienbeinschmerzen stellen einen schmerzhaften Einschnitt im vorderen Unterschenkelbereich dar, der sich aus Wadenbein und Schienbein zusammensetzt. Wenn die Schmerzen plötzlich nach ca. 500 Metern auftauchen und auch bei stetiger Belastung bleiben, dann kann man das Schienbeinkantensyndrom diagnostizieren. Die Schmerzen können mitunter sehr stark sein und nur nach Abbruch der körperlichen Belastung abklingen. Beginnt man nach einer kurzen Pause wieder mit der Belastung, dann kommen auch die Schienbeinschmerzen zurück.
Symptome dafür können sein:

  • Entzündungen
  • Muskelfaserrisse, welche unbemerkt blieben
  • und Stressfrakturen.

Der Schmerz, der oft entlang des Schienbeins auftritt, kann unter hoher Belastung sehr lange anhalten. Wie schon oben beschrieben, kann es im schlimmsten Fall zu einer Knochenhautentzündung kommen. Entlang des Schafts kann es zu Druckempfindlichkeiten kommen mit sichtbaren oder tastbaren Schwellungen.

Der obere Bereich des Schaftes des Schienbeinknochens führt zum Knie, wird dort allmählich breiter und stellt damit einen Teil des Kniegelenkes dar. Der entgegengesetzte untere Teil mündet, ebenfalls stetig breiter werdend, in das Sprunggelenk und bildet zusammen mit dem Innenknöchel flächenmäßig einen erheblichen Anteil. Daher gehören manche Arten von Knieschmerzen oder Knöchelschmerzen auch anteilmäßig zu den Schienbeinbeschwerden.

 

Läufer, der in Zell am See in Österreich läuft, hat Schiebneinprobleme

 

Ursachen für Schienbeinschmerzen

Wie so oft kann Überbeanspruchung der Grund für shin splints sein, indem es zu einer Ansatzreizung der Muskulatur kommt. Ein Muskel, der davon betroffen sein kann, ist der sogenannte Tibialis posterior, welcher wichtig für die Spannung des Fußgewölbes ist. Behandelt man die Schmerzen nicht, kann es zum Versagen des Muskels kommen und sich ein Plattfuß bilden. Die Schmerzen selbst entstehen, weil an der Beinhaut der Ansatz der Muskulatur gereizt ist. Muskelzellen können verhärten, myofasziale (=schmerzhafte Funktionsstörungen im Bereich von Muskeln) Triggerpunkte können entstehen, welche direkt an der Stelle schmerzen oder den Schmerz streuen, z.B. in das Kniegelenk oder in die Achillessehne.

Ein anderer Grund für Schienbeinbeschwerden kann sein, wenn man sich beim Laufen vermehrt vom Vorfuß bzw. über die kleinen Zehen abstößt. Der sogenannte Zehenbeugemuskel wird überbelastet und es kommt zur Reizung im Schienbein.

Weitere Ursachen für shin splints können sein:

  • Unerfahrenheit auf langen Strecken, besonders bei Laufanfängern
  • Defizite in der Lauftechnik
  • Ungeeignete oder falsche Schuhe
  • Zu wenige oder keine Ruhetage
  • Intensives Training und abrupte Steigerung des Trainingsumfangs
  • Läufer mit Pronation sind häufiger betroffen
  • Genauso wie Läufer, die vorwiegend den Vorfuß belasten
  • Häufiges laufen mit Spikes

 

Behandlung des Schienbeinkantensyndroms

Wenn man es mit dem Lauftraining entgegen der Vernunft doch etwas übertrieben hat, so kann man ein sich zugezogenes Schienbeinkantensyndrom auf recht konservative Art und Weise behandeln. Entscheidend ist zunächst, dass man seine Schienbeine schonen muss. Wenn man sein Training aus irgendeinem (für sich wichtig erscheinenden Grund) nicht unterbrechen möchte, muss man notfalls auf eine andere Sportart, die nicht so strapazierend für die Schienbeine ist, ausweichen. Hier empfehlen wir dir Rad fahren oder Schwimmen, wobei du beim Radeln darauf achten solltest, mit der Ferse zu treten anstatt mit dem Vorderfuß. Laufen solltest du natürlich nur, wenn die Schmerzen komplett abgeklungen sind und die Druckempfindlichkeit nicht mehr besteht.

Sollten die Beschwerden trotz Laufpause nicht abklingen, kann der hinzugezogene Arzt die Beschwerden mit Salbenverbänden und Schmerz lindernden Salben behandeln. Außerdem haben Wärmeanwendungen eine beschleunigende Heilungswirkung. Des Weiteren haben gewisse Enzymprodukte, z. B. Wobenzym oder Antiphlogistika eine enzündungslinderne Wirkung und tragen somit zu einer schnelleren Heilung bei.

 

So kannst du shin splints zu Hause behandeln:

    • Ruhe! Vermeide Belastung der Schienbeine und lege deine Bein hoch.
    • Quarkwickel oder Krautwickel helfen prinzipiell bei Entzündungen, da sie entzündungshemmend wirken, kühlen und Schwellungen reduzieren. Auf Krautwickel hat bereits Susi mit ihrem Läuferknie geschworen.
    • Faszienrolle (z.B. die Black Roll) zur Behandlung von Triggerpunkten

  • Kälteanwendungen mit Eis (lassen das Gewebe abschwellen, reduziert Schmerzen) oder wie oben beschrieben, Wärmebehandlung
  • Franzbranntwein kühlt und entspannt die Muskulatur. Die betroffene Stelle damit einreiben
  • Kompressionssocken (z.B. die von Bauerfeind, hier erhältlich) tragen, denn diese fördern die Durchblutung in den betroffenen Bereichen
  • Kompressionsbandagen tragen, denn diese können den Rückgang der Schwellungen reduzieren. Achte aber darauf, dass diese nicht zu eng gebunden werden, ansonsten kann die Durchblutung des Gewebes abgeschnürt werden
  • Entzündungshemmende Medikamente nehmen wie Ibuprofen. Halte dich dabei aber unbedingt an die Dosierungsempfehlung und nehme die Tabletten nicht länger als nötig, um Nierenschäden vorzubeugen.
  • Gezielte und leichte Dehnübungen für die Muskeln in den Schienbeinen, die Verspannungen lindern und die Muskulatur aufwärmen.

 

Ein paar Dehnübungen zur Behandlung des Schienbeinkantensyndroms zeigen wir dir hier:

  1. Zehen heben: Du stehst dabei mit den Füßen auf dem Boden. Dann nach hinten auf die Ferse wippen und die Zehen vom Boden abheben.
  2. Greifen mit den Zehen. Einfach ein kleines Tuch oder T-Shirt auf den Boden legen, hüftbreit hinstellen und dann wechselseitig mit den Zehen das Tuch greifen und zu sich ranziehen.
  3. Mit den Knien auf den Boden setzen, sodass die Schienbeine den Boden berühren und die Fußrücken ebenfalls auf dem Boden aufliegen. Diese Übung dehnt die Schienbeinmuskeln.

Laufen bei Hitze, Joggen im Regen

 

Vorbeugen des Schienbeinkantensyndroms

Kontinuierliche Steigerung des Trainingsumfanges
Gerade für Laufanfänger gilt: steigere deine Umfänge langsam. Denn, Kontinuität bedeutet auch langfristigen Erfolg. Wenn die Trainingsintensität anfangs zu hoch ist, sind auch oft Läuferverletzungen die unmittelbare Folge, verbunden mit einer zwangsweisen Unterbrechung des Trainings.

Medizinische Untersuchung vor dem Beginn
Da das Laufen als Sportart so wenig kompliziert ist und auch leicht erlernt werden kann, liegt die Versuchung nahe, einfach ohne viel Überlegung damit anzufangen. Es ist aber sinnvoll bei Beginn einen Trainer oder Sportarzt hinzuzuziehen. Dies gilt besonders dann, wenn man bisher noch gar nicht gelaufen ist, oder längere Zeit gar keine sportliche Betätigung hatte.

Das richtige Schuhwerk
Als ganz wichtigen Aspekt zur möglichen Vermeidung von Läuferverletzungen solltest du unbedingt darauf achten, dass dein Schuhwerk den besonderen Anforderungen des Laufens genügt. Lass dich hier auf jeden Fall von einem Schuhfachgeschäft beraten und finde den auf deine Bedürfnisse angepassten Schuh.

Aufwärmen
Um Verletzungen allgemein vorzubeugen, ist richtiges Aufwärmen vor einer intensiven Belastung ratsam. Du kannst zum Beispiel mit lockerem Joggen beginnen, dass bringt nicht nur deine Blut- und Sauerstoffversorgung der Muskulatur in Wallung, sondern regt auch deine Herzaktivität an. Oft reichen schon 10 Minuten, um den Körper auf die anstehenden Belastungen vorzubereiten.

Kräftigen der Unterschenkelmuskulatur
Die Übungen die wir dir oben zur Behandlung von shin splints gezeigt haben, kannst du natürlich auch zur Vorbeugung des Schienbeinkantensydroms anwenden.

Regelmäßige Anwendung der Faszienrolle
Wir sagen es ja immer wieder: rollen, rollen, rollen. Das regt nicht nur die Durchblutung an sondern löst auch Verklebungen im Bindegewebe. Die Faszien verbinden Muskeln und Gelenke, die man regelmäßig “durchkneten” sollte. Dies beugt allgemein auch andere typische Verletzungen vor. Die Black Roll eignet sich dabei hervorragend.

Laufstil und Bodenbelege
Eine umfangreiche Laufanalyse empfiehlt sich, um Fehlstellungen in der Körperhaltung zu diagnostizieren. Auch der Untergrund kann eine Rolle beim Entstehen von shin splints spielen. Weiche Bodenbelege verhindern ein Schienbeinkantensyndrom eher als harte.

 


Allgemein ist zu empfehlen, dein Training immer so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten und ausreichend Ruhetage einzulegen. Auf Schmerzen oder andere Signale deines Körpers solltest du immer hören und die Ursache für deine Probleme herausfinden. Regelmäßiges Dehnen und Rollen sollten genauso in deinem Plan stehen wie deine Laufeinheiten. Außerdem raten wir dir, dich ab und zu von einem Arzt durchchecken zu lassen und eine Laufanalyse durchzuführen. Auch wenn du hierfür ein paar Euro investieren musst, es ist dein Körper und deine Gesundheit. Und es macht doch wirklich mehr Spaß gesund und fit in die Laufschuhe zu steigen, anstatt ständig mit Wehwehchen zu kämpfen, oder?!


Weitere Beiträge zum Thema Laufverletzungen findest du hier:

Wie du ein Läuferknie (ITBS) behandelst und was die Ursachen sein können, kannst du hier nachlesen.

Du willst ein lebenslang schmerzfrei laufen? Dann schau dir diesen Artikel an.

Kommentare (4)
    Daniel 12. Dezember 2017

    Ein hilfreicher Artikel, dem ich jeden Sportler ans Herz legen würde. Ich hatte auch monatelang damit zu kämpfen, da ich es etwas verschleppt habe und nicht pausieren wollte/konnte. Aber ich wurde nun eines Besseren belehrt. Also hört immer auf die Anzeichen eures Körpers. Eine Pause ist nichts schlimmes.

    Lotta 25. Januar 2018

    Hey,
    ein absolut wichtiges Thema, gerade für Laufangänger, die sich gerne überschätzen oder übermotiviert sind, bis die Shin Splints sie ausbremsen… Ich selbst habe über Monate damit zu kämpfen gehabt. Inzwischen habe ich das problem aber in Griff, weil ich auf Laufpausen achte und regelmäßig Kräftigungsübungen für die Hüfte, Füße und Waden mache.
    Sportliche Grüße,
    Lotta

      Hey Lotta, danke für deinen Erfahrungsbericht. Du sagst es: Stabi ist das A und O, genau wie regelmäßige Pausen. Hoffe, du bleibst jetzt Verletzungsfrei 🙂
      Liebe Grüße